"Wir spielen immer: wer's weiß, ist klug." (A. Schnitzler, "Paracelsus")

Der Verein „play-eS e. V.“ Hamburg (gemeinnützig), der seit seiner Gründung 2018 Gemeinnützigkeit für alle eSport-Aktivitäten besitzt, hat zusammen mit den Partnern Dänemark (ISCA federführend), Norwegen, Ungarn und den Niederlanden den Zuschlag für ein eSport-Projekt „European Grassroots Esports“ mit Aktivitäten und Forschung erhalten, das im Januar 2023 begonnen hat und bis Ende 2024 läuft. Es geht dabei um „Grassroot“-eSport-Aktivitäten auf der Basis von Gemeinnützigkeit. Ziel ist: „To promote the sport values of health, inclusion, respect and responsibility by developing and scaling grassroots esports clubs as a concept and model across Europe“.

„play-eS e. V.“ stützt sich bei seinen eSport-Erfahrungen auf über 15 Jahre „Deutsche eSport Schulmeisterschaften“ in Zusammenarbeit mit der Deutschen Games Schulmeisterschaft UG (über 2200 Schulen haben teilgenommen), und erstmals durchgeführten regionalen „play-eS-Meisterschaften“ West (Duisburg – in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt Duisburg), Süd (Ravensburg – in Zusammenarbeit mit der Edith-Stein-Schule und der Landesmedienzentrale Baden-Württemberg u. a.) und Nord: (1. Hamburg – zusammen mit der HIBB, Hamburger Institut für Berufliche Bildung u. a., 2. Schleswig-Holstein / Kiel – in Zusammenarbeit mit der Landesregierung Schleswig-Holstein und Kooperation mit dem Offenen Kanal Schleswig-Holstein) sowie der Teilnahme an den „1. ISF World Esports School Championship“ in Kiew. Kooperationspartner ist u. a. das Gameslab der TH Köln. play-eS e. V. hat auch den ersten Fernsehworkshop zum Thema eSport: „Die Energie digitaler Spiele verstehen und richtig nutzen“ zusammen mit dem Offenen Kanal Schleswig-Holstein ebenfalls mit Unterstützung der Landesregierung Schleswig-Holstein durchgeführt.

Die EU-Aktivitäten werden wissenschaftlich begleitet. „play-eS e. V.“ ist hierfür sehr gut aufgestellt. Mitglieder sind u. a. Prof. Dr. Linda Breitlauch (HS Trier), Prof. Dr. Jens Junge (Institut für Ludologie SRH Berlin), Prof. Dr. Müller-Lietzkow (Präsident der HafenCity Uni HH), Prof. Dr. Hans-Jürgen Schulke (Sportwissenschaft), Dr. Ina Weh (2. Vorsitzende), RA Dr. Oliver Daum (Kiel) und Dr. Nepomuk Nothelfer (Uni Augsburg, SKW Schwarz München, Verantwortlicher Autor der „ESports Background Analysis“ für den CULT Ausschuss des EU-Parlaments).

„play-eS e. V.“ bemüht sich um eine unterstützende Zusammenarbeit und Kooperation, die „play-eS e. V.“ hilft die europäischen Ziele entsprechend umzusetzen.

Spiel und Kultur
Ein Grundverständnis für Spiel und Kultur, Spiel und seine Bedeutung für den Menschen hilft mehr als Verbote und Vorschriften. Das hat die Spiel-Geschichte gezeigt und die Entwicklung bei den Spielern bestätigt das.

eSport ist Spiel
Spiel ist das evolutionäre Moment in der Menschheitsentwicklung und der Ursprung unserer Kultur wie Huizinga es auf den Punkt brachte. Die Evolutionspsychologie geht davon aus, dass Spiel im Zuge der Evolution eine einzige Funktion hat: Increased inclusive fitness

Den Zuwachs an Befähigung: „Spiel oder die neuralen Funktionen und Kontrollmechanismen, die Spiele hervorbringen, werden immer dann aktiviert, wenn etwas auftaucht, das sich nicht auf etwas anderes zurückführen lässt.“ (Peter Ohler 2009) Die Spezies Mensch kann spielend erfahren, damit umgehen, antworten. Peter Ohler (Uni Chemnitz) sieht Spiel als Eigenschaft und Bestandteil des genetischen Pools unserer Spezies und Spiel als Quantensprung in der stammesgeschichtlichen Entwicklung.

“Play is in a pole-position concerning the development of some cognitive functions – Zone of proximal development.”

Der Göttinger Biochemiker und Nobelpreisträger Prof. Manfred Eigen sagt: „Entstammen nicht all unsere Fähigkeiten dem Spiel? Zunächst dem Spiel der Muskeln und Gliedmaßen: aus ziellosem Greifen und Strampeln wird präzis korrelierter Bewegungsablauf. Sodann dem Spiel der Sinne aus spielerischer Neugier wird tiefgreifendes Wissen aus dem Spiel mit Farbe, Formen und Klängen unvergängliches Kunstwerk“ (bei J. P. Lemcke, Chemnitz 2002)

„Spiele sind Kulturgut“
Elektronische Spiele, singulär oder im Wettkampfmodus sind Spiel und als jüngste Entwicklung in der Genealogie der Spiele der Menschheit Kulturgut. Spiel entsteht immer als Mutation realer Konflikte in der Gesellschaft und verändert sich entsprechend ihrer Entwicklung. Spiele spiegeln die Spannungen der menschlichen Gesellschaft, machen Probleme sichtbar, erfahrbar, händelbar, und indem wir sie durchspielen, lernen wir mit Schwierigkeiten umzugehen und sie zu beherrschen.

„Spiel bereitet vor auf die vorhersehbare, nicht auf die unvorhersehbare Zukunft“. (Brian Sutton-Smith) Dem amerikanischen Spieleforscher ist es gelungen in seinen „Rhetorics of Play“ alle charakteristischen Momente von Spiel zu erschließen.

Spiele haben adaptiven Charakter. Sie sind im heutigen Verständnis Modelle, in denen risikoarmes, angstfreies Lernen stattfinden kann. Sie bieten die Möglichkeiten von Kompetenzerwerb und helfen kulturell vorgegebene Konflikte, Probleme und Aufgaben in allen Lebensgebieten zu lösen.

Spiele befinden sich in ihrem evolutionären experimentellen Charakter oft im Widerstand zu bestehenden Ordnungen, Gewohnheiten, eingefahren Sichtweisen und sorgen für Aufregung und Widerstand, in der Gesellschaft, bei den Herrschenden und Mächtigen – wenn Möglichkeiten, Neuerungen oder notwendige Reformen spielerisch erprobt werden. Spielverbote haben nie etwas gebracht.

Komplexe Gesellschaften haben komplexere Spiele
Die neuen Spielentwicklungen im letzten Jahrhundert bis heute bei analogen und in der Folge digitalen Spielen entsprechen der aktiveren Mobilität, den schnelleren technischen Abläufen und der rasenden Zunahme von Kommunikation, kurz einer neuen Komplexität unserer Welt. Erst die Computertechnik erlaubte Akte des Problemlösens in dynamischen Systemen. Die Umsetzung von formalisierten Spielregeln und Datenmengen in Algorithmen ermöglichte im Spiel komplexe Zusammenhänge zu verdeutlichen und zu erfahren, indem wir die komplexen Datenmengen durchspielen.

Nur wer spielfähig ist – ist auch gesellschaftsfähig. Es gibt dafür drei Komponenten. Die Gegenwartsfähigkeit zeigt sich darin, dass man sich im Spiel total verlieren und vergessen kann, aber jederzeit unterscheidet zwischen Spiel und der übrigen Wirklichkeit.

Wer aber weiß, dass das, was er spielt, nicht wirklich ist, ist rollenfähig. Sowie man aber in einem Spiel entweder für sich mehrere Rollen übernimmt oder aber Mitspieler hat, was vielleicht auch Rollenwechsel mit sich bringt, sind Regelabsprachen notwendig und man bildet Regelfähigkeit aus. Die Gegenwartsfähigkeit bedingt eine hohe Motivation, die beim Spiel im Spielen selbst liegt. Die Rollenfähigkeit verlangt Gemeinsinn und die Regelfähigkeit und ist undenkbar ohne Bereitschaft zur Konsensfindung. In unserer Gesellschaft mangelt es an Motivation, an Gemeinsinn und an Konsensbereitschaft.

Es wäre also klug dafür zu sorgen, dass das was durch eSport angeregt wird, sich auch so in der Gesellschaft widerspiegelt. Denn die wichtigen Widersprüche, aus denen eine lebendige erfolgreiche und demokratische Gesellschaft besteht, bringt Spiel in eine Form des Diskurses in der sie sichtbar, erfahrbar und behandelbar sind. Nur wenn sich die Gesellschaft auf die Wechselwirkung einlässt, kann sie am Ende von diesem Katalysatoreffekt auch profitieren. Wenn nicht, können alle Beteiligten nur verlieren: Gesellschaften ihre Wettbewerbsfähigkeit und Menschen ihre Balance.

Mit anderen Worten: das Spiel ist dann gut, wenn es ein Teil unserer Kultur bleibt.